Die am 21. August zu Ende gegangenen Olympischen Sommerspiele in Rio wurden von vielen Seiten als "Problemspiele" bezeichnet. In einem Land, das in einer tiefen Rezession steckt, funktionierte vieles nicht so wie erhofft: Das Essen und die Wohnverhältnisse im Olympischen Dorf wurden kritisiert, von einem Verkehrschaos und Problemen beim Ticketverkauf wurde berichtet, halbleere Stadien waren an der Tagesordnung, einheimische Zuschauer, welche sich gegenüber Sportlerinnen und Sportlern anderer Nationen zum Teil sehr unfair verhielten. Dann die ganze Dopingproblematik, korrupte Funktionäre, ausufernder Gigantismus, und so weiter und so fort. Der Spitzensport am Abgrund und überhaupt: "es wird im Leistungssport doch eh nur betrogen und gelogen", so der Tenor aus manchen Kreisen. Ein düsteres Bild!
Und tatsächlich: Der Spitzensport sieht sich mit grossen Problemen konfrontiert, welche es zu lösen gilt. Doch alles schlecht zu reden, ist pure Schwarzmalerei und eine Verkennung der Realität. Es gibt auch sehr viel Positives, das gerade in unserer jetzigen Zeit Hoffnung bringt.
In Rio nahmen 207 Nationen teil, zudem erstmals auch ein Flüchtlingsteam bestehend aus 10 Athletinnen und Athleten, die unter der Olympischen Flagge starteten. Die ganze Welt ist im Olympischen Dorf vereint und lebt friedlich miteinander zusammen. Hautfarbe, Religion, Geschlecht, Herkunft spielen keine Rolle - viele Athleten schwärmen von diesen Begegnungen und der Stimmung untereinander...
Finale im Barrenturnen der Herren: Der Ukrainer Oleg Wernjajev gewinnt Gold, Bronze geht an den Russen Dawid Beljawski. Seit anfangs 2014 gibt es einen tiefen Konflikt zwischen den beiden Staaten - ein politischer Konflikt, der viele Menschenleben forderte. Doch auf der Sportbühne können wir erfreut beobachten: Die beiden Sportler gratulieren sich herzlich zu ihren Leistungen und Medaillengewinnen. Da gibt es keine Feindschaft, die beiden wirken wie gute Freunde. Dieses Bild sollten sich gewisse Politiker der beiden Staaten in aller Ruhe anschauen...
Ganz generell ist bei den Wettkämpfen zu beobachten: Die Sportler untereinander gehen grösstenteils äusserst fair miteinander um. Da ist Respekt und Anerkennung vor der Leistung der anderen. Klar gibt es Ausnahmen, doch für den ganz grossen Teil ist Fairplay nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern gelebte Realität. Viele Breitensportler könnten sich davon ein Stück abschneiden...
Vermutlich haben etliche Lesende, welche die Olympischen Spiele verfolgt haben, das Doppelfinale zwischen Hingis/Baczsinsky und Makarova/Vesnina angeschaut. Die beiden Schweizerinnen zeigten in der Niederlage Grösse und umarmten ihre Bezwingerinnen nach verwandeltem Matchball.
Die vielleicht grösste Geschichte der Spiele in Rio schrieben jedoch zwei Leichtathletinnen während des ersten Vorlaufs über die 5000m der Damen. Die Neuseeländerin Nikki Hamblin und die Amerikanerin Abbey D'Agostino gehören zu den wahren Heldinnen von Rio. Wie sich die beiden verhalten haben, geht weit über das hinaus, was wir als "Fairplay" bezeichnen. Was war geschehen?
Grossartig wie anschliessend die Jury reagiert. Beide erhalten die Starterlaubnis für das Finale. Für Abbey D'Agostino ist ein Start aufgrund ihrer Verletzung zwar nicht möglich, doch die Geste zählt. Auch das IOC reagiert und verleiht den beiden Athletinnen die Pierre de Coubertin-Medaille - eine Auszeichnung für besondere Fairness und herausragenden Sportsgeist!