Zumindest ergebnistechnisch hat die Schweizer Fussballnationalmannschaft eine ausgezeichnete Qualifikation hingelegt mit 9 Siegen aus 10 Spielen und einem Torverhältnis von 23:7.
Durch die Niederlage im abschliessenden Gruppenspiel gegen den amtierenden Europameister Portugal reichte es dennoch nicht zur direkten Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Russland. Punktgleich aber mit dem deutlich besseren Torverhältnis fing Portugal auf der Zielgeraden die Schweiz noch ab. Im November geht es somit in die Barrage…
Die Ernüchterung ist an vielen Orten ziemlich gross. Wurde das Schweizer Team noch drei Tage zuvor hoch gelobt, nach einem phasenweise überzeugenden 5:2 Erfolg über Ungarn und als Team bezeichnet, das sich in den letzten Monaten kontinuierlich weiterentwickelt hat und auch gegen Portugal bestehen kann, tönt es nun aus dem Blätterwald ganz anders:
Der Tages-Anzeiger titelt am Tag darauf: "In die Realität zurückgeholt."
In der NZZ ist sogar die Rede vom "Ende der Selbsttäuschung."
…wobei viele Medienschaffende selbst ja munter zwischen schwarz und weiss hin- und herwechseln…
Zur Ausgangslage vor dem alles entscheidenden Gruppenspiel: Portugal muss in Lissabon gewinnen, um noch auf Platz 1 zu klettern, der Schweiz reicht ein Unentschieden, um an der Spitze zu verbleiben. Ein richtiges Finalspiel also und Mittelfeldstratege Granit Xhaka sagt, darauf angesprochen: "Für solche Spiele leben wir Fussballer". Das tönt doch vielversprechend und voller Zuversicht.
Anpfiff zur Partie: Nach etwas nervösem Start, kommt die Schweiz besser ins Spiel, kontrolliert und beruhigt die Partie, steht defensiv sicher und hat viel Ballbesitz- ohne jedoch sich Chancen zu erspielen. Kurz vor der Halbzeit, in der 41. Minute, geht Portugal in Führung. Aus der Sicht des Schweizer Teams ein unglückliches Eigentor durch Johan Djourou. Wenn man sich die Entstehung anschaut, ist es jedoch das Ergebnis aus mangelndem Defensivverhalten. Wenn insbesondere Xherdan Shaqiri einfach stehen bleibt und die Defensivarbeit vernachlässigt, sollte man nicht "Pech" anführen, sondern selbstkritischer damit umgehen. Fehler können immer passieren, doch einfach stehen zu bleiben ist reine Einstellungssache und dies bei einem Finalspiel – ein "no-go" - mit ein Grund (oder treffender der Hauptgrund) warum Shaqiri mit seinem Talent bei einem englischen Mittelklasseverein gelandet ist?
Nach der Halbzeit darf man gespannt sein, wie die Schweiz auf den Rückstand reagieren wird. Doch was folgt, ist eine ganz schwache 15-minütige Phase. Portugal dominiert nun klar, findet viel Raum vor gegen verunsichert wirkende Schweizer, kommt zu Chancen und in der 57. Minute zum verdienten 2:0 nach einer sehenswerten Kombination gegen eine desorientierte Abwehr. Danach kommt die Schweiz wieder etwas besser ins Spiel, doch ein richtiges Aufbäumen gegen die drohende Niederlage sieht wahrlich anders aus: Wo war der Glaube die Partie noch drehen zu können, die Siegermentalität?
Alain Sutter, als SRF-Fussballexperte, trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er ein mentales Problem ausgemacht hat und in seiner Analyse sagt: "Man liess sich (Anmerkung: nach dem Rückstand) verunsichern" und weiter: "Es fehlte an mentaler Stabilität".
Wenn von Weiterentwicklung die Rede ist, ist zu hoffen, dass im Hinblick auf die weiteren Aufgaben auch mentale Themen angesprochen werden. Weniger zu reklamieren, sondern sich auf das zu konzentrieren, was man selbst beeinflussen kann, wäre für etliche (Nati-)Fussballer bspw. ein Ansatz mit hoher Wirkung…