Die 23. Olympischen Winterspiele gingen am 25. Februar mit einer stimmungsreichen Schlusszeremonie zu Ende. Es waren Spiele mit sehr guter Organisation, sehr freundlichen und hilfsbereiten Volunteers, aber auch Spiele mit enttäuschend geringem Zuschaueraufmarsch bei den Outdoor-Sportarten wie Ski Alpin, Langlauf, Biathlon oder Skispringen. Haften bleibt insbesondere auch, dass der Sport einmal mehr verbindend gewirkt hat und ein wohltuender Hoffnungsschimmer ist gegenüber der Machtpolitik gewisser Staaten. Nord- und Südkorea liefen sowohl bei der Eröffnungfeier-, als auch der Abschlussfeier gemeinsam ein und im Eishockey bildeten die beiden politisch verfeindeten Staaten gar ein gemeinsames Damen-Team.
Für die Schweiz waren es insgesamt äusserst erfolgreiche Tage. Insgesamt 15 Medaillen (5 in Gold / 6 in Silber / 4 in Bronze) ist eine ausgezeichnete Ausbeute. Aus internationaler Sicht waren jedoch die Auftritte der Tschechin Ester Ledecka eines der ganz grossen Highlights.
Am 17. Februar steht der Super-G der Damen auf dem Programm. Es ist von Beginn weg ein sehr enges Rennen mit hauchdünnen Abständen. Die meisten der Topfavoritinnen kommen nicht ohne Fehler durch und wirken nervös. Nachdem alle Favoritinnen unten sind, steht eigentlich fest: Die Österreicherin Anna Veith gewinnt mit einer Zehntelsekunde Vorsprung auf Tina Weirather. Lara Gut als Dritte liegt 0,11s zurück. Anna Veith gibt die ersten Siegerinterviews und wird vom IOC-Präsidenten Thomas Bach zum Erfolg beglückwünscht. Doch dann folgt mit Startnummer 26 Ester Ledecka, amtierende Snowboard-Weltmeisterin und seit zwei Jahren auch im Weltcup bei den Skifahrerinnen unterwegs. Sie zeigt ein beherztes Rennen, riskiert viel, ihre Zwischenzeiten sind top und tatsächlich - was niemand für möglich gehalten hat, wird zur Wirklichkeit! Die Tschechin fängt die Führende mit einer Hundertstel-Sekunde Vorsprung noch ab. Es ist eine unglaubliche Sensation. Zuvor war Ledecka im Super-G nie über einen 19. Rang hinaus gekommen.
In einem Online-Portal ist es ganz treffend beschrieben: "Sie kam, sah und konnte es nicht glauben."
Sehen Sie selbst die Reaktion von Ester Ledecka nach der Zieldurchfahrt.
Eine Woche später steht Ledecka wieder am Start. Nun im Parallel-Riesenslalom der Snowboarderinnen und mit einer ganz anderen Ausgangslage. Im Super-G eine "namenlose" Aussenseiterin, ist sie am 24. Februar die Topfavoritin. Nach dem Sensations-Gold ist sie im Rampenlicht und der Snowboard-Bewerb erhält schlagartig viel mehr Aufmerksamkeit. Doch Ester Ledecka lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, hält dem Druck bravourös stand und holt überlegen ihre 2. Goldmedaille. Ein historischer Moment: Nie zuvor in der Geschichte der Olympischen Spiele hatte eine Athletin in zwei völlig unterschiedlichen Sportarten Gold geholt.
Vor einem Jahr sagte Ledecka in einem Interview folgendes, da sie öfters zu hören bekam, dass man nicht Ski Alpin und Snowboarden gleichzeitig auf Weltklasseniveau betreiben kann:
"Alle sagen, dass dies unmöglich ist, das ich verrückt bin. Dann bin ich halt verrückt!"